Vom eingedolten Risiko zur Idylle
Der Huberbach – hin und wieder auch Bucherbach oder Centralbach genannt – entspringt an einem Hang nördlich von Bichwil. Er ist zwei Kilometer lang und fliesst den grössten Teil seines Laufes durch die Nachbargemeinde Oberuzwil. Zwischen der Dammhaldenstrasse und der Ahornstrasse unterquert er die Bahnlinie, nachdem er kurz vorher die Gemeindegrenze überschritten hat – und in die Gemeinde Uzwil eingetreten ist. Der ganze Verlauf des Baches auf Uzwiler Boden ist knapp 600 Meter lang. Zuerst gehts bis zum Buecherwäldli offen durchs dicht bewaldete Tobel. Und dann ist fertig mit offenem Bachlauf. Vom Buecherwäldli bis zum Ende des Baches bei der Lindenstrasse, wo er in die Uze fliesst, ist er eingedolt.
Teil der Geschichte
Wer sich seinen Weg entlang des offenen Bachlaufs in der Gemeinde sucht, stösst kurz unterhalb der Bahnlinie auf ein Wehr des Baches. Es hält Geschiebe zurück, sichert die Sohle des Baches und ist gleichzeitig die letzte Erinnerung an eine verschwundene Welt. Bei diesem Wehr wurde vom Bach einst Wasser abgezweigt, um es in den Weiher der Möbelfabrik Gerteis zu leiten. Die Maschinen der Möbelfabrik wurden mit Wasserkraft betrieben. Fritz Gerteis senior wusste zu berichten: «Der Weiher oberhalb des Centralbades… und das bis in die 1920er Jahre offen fliessende Huberbächlein bedeuteten für die Jugend ein wahres Paradies zum Spielen und Austoben. Wir Buben bastelten Flosse und paddelten auf dem Weiher umher, als wären wir Kapitäne auf hoher See.» Der Huberbach war damals Forellenbach, Fische und Krebse bevölkerten Weiher und Bach. Der Weiher wurde später zugeschüttet. Heute steht dort das Buecherwäldli.
Das Centralbad
Das Möbelgeschäft Gerteis brannte 1977 ab und zügelte an die Gupfenstrasse, längst hat es dort dem Lidl Platz gemacht. Zu seinem historischen Areal gehörte auch das Centralbad. Es wurde von 1907 bis 1967 betrieben. Als es entstand, waren die Häuser oft nur mit einfachen Badeeinrichtungen versehen, vielleicht einem Zuber in der Waschküche. Viele Leute begaben sich zum Baden in die Bäder der Umgebung. Das Centralbad wies 12 Badewannen auf. Badetage waren Donnerstag, Freitag und Samstag. Die Bedeutung des Bades war auch an den Strassennamen abzulesen. «Badstrasse» - so hiessen damals die heutige Linden- und Fichtenstrasse und damit der ganze Strassenzug vom Uzwiler Zentrum zum Centralbad. Bis in die 1940er Jahre lief der Badebetrieb gut. Weil in dieser Zeit sich eigene Badezimmer mit warmem Wasser und Badewannen durchsetzten, verlor die Einrichtung ihre Grundlage.
Seit 100 Jahren unter Tag
Seit gut 100 Jahren ist der Huberbach auf Uzwiler Gemeindegebiet weitgehend eingedolt. Noch in den 1980er Jahren wurde ein letztes offenes Stück kanalisiert und verlegt, um das Buecherwäldli zu bauen. Vom Buecherwäldli aus fliesst der Bach unter dem Quartier, teils unter Häusern, unterquert die Wiesentalstrasse und kommt erst wieder bei seinem Auslauf in die Uze ans Tageslicht. Aus den Augen, aus dem Sinn ist der Bach im Alltag. Ausser, es ist grad Hochwasser. 1970, als weite Teile von Uzwil und Niederuzwil verwüstet wurden, vermochte die Eindolung die Wassermassen des Huberbaches nicht mehr aufzunehmen. Er bahnte sich seinen Weg oberflächlich, verwandelte die Fichtenstrasse in ein Bachbett und zerstörte sie teilweise. Er überschwemmte auch Gebiete entlang der Schützenstrasse, bevor er in die Uze floss. Dieses Risiko besteht auch noch heute, das zeigt die Gefahrenkarte. Der Bach würde bei Hochwasser Gebiete entlang der Fichten-, Schützen- und Florastrasse fluten, bevor sein Wasser in die Uze strömt.
Zurück zur Idylle
Heute geht der Trend in Richtung Offenlegung von eingedolten Bächen. Dabei besteht oft ein Interessenkonflikt mit der Landwirtschaft. Kein solcher Konflikt existiert bei einem Uzwiler Leuchtturmvorhaben am Huberbach. Im Rahmen einer Arealentwicklung soll der Bach von der Wiesentalstrasse bis zum Buecherwäldli auf über 300 Metern offengelegt, ökologisch aufgewertet und harmonisch in die neu entstehende, zentrumsnahe Wohnüberbauung integriert werden. Der Bach kann so zum wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen werden und die Menschen mit seinem munteren Plätschern und seinem grünen Band durch die Siedlung erfreuen, wie einst. Die Planungsarbeiten dieses aussergewöhnlichen Vorhabens sind weit fortgeschritten, demnächst sollen die öffentlichen Auflagen starten. Mit dem offenen Bachlauf verschwinden dann auch die Hochwasserrisiken, welche heute die Gefahrenkarte eindrücklich zeigt. Der offene Huberbach ist so geplant, dass er das Wasser jederzeit ableiten kann. Und mit der Offenlegung rückt der lange Zeit verschwundene Bach dann auch wieder zurück aus dem Dornröschenschlaf ins Siedlungsbild - und ins Bewusstsein der Uzwilerinnen und Uzwiler.