Im Fokus: Die Uze
Die Uze: Sie beginnt als Bach mit diesem Namen beim Zusammenfluss von Lauften- und Hüppelbach in der Nähe des Oberuzwiler Schwimmbades. Die beiden Quellbäche haben ihr Einzugsgebiet in der bewaldeten Hügelkette mit Eppenberg und Wildberg zwischen Flawil und Jonschwil. Die Uze ist 4,3 Kilometer lang, ihr «Ende» – sie mündet bei Niederuzwil in die Thur – liegt 84 Meter tiefer als ihr Beginn. Bei durchschnittlichem Wasserstand fliesst sie mit etwa 1,3 Kilometer pro Stunde, das Wasser braucht entsprechend etwa 3 Stunden und 20 Minuten bis in die Thur. Bei Hochwasser donnert das Wasser mit etwa 10 Kilometer pro Stunde die Uze hinunter. Dann entwickelt sie regelrechte Flutwellen, ihr Wasserstand erhöht sich sprunghaft.
Alle Farben und stinkt
Heute ist die Uze ein Forellenaufzuchtbach. Sie lebt. Fische, Krebse und selbst der Biber fühlen sich dort zuhause. Das war nicht immer so. Lange Zeit war die Uze eine stinkende Kloake. Über Jahrzehnte zogen sich die Klagen über die unhaltbaren Zustände hin. Kein Wunder, flossen doch die häuslichen und industriellen Gewässer grösstenteils ungeklärt in den Dorfbach. Aus den Augen, aus dem Sinn. Die Abwässer etwa der Textilfärberei oder der Gerberei sorgten dafür, dass die Uze munter ihre Farbe wechselte. Schon zu Zeiten des ersten Weltkrieges wollte man Abhilfe schaffen. Erst in den 1960er und 1970er Jahren kam mit dem Bau der Kanalisationen und der Kläranlage Bewegung in die Sache, und die Uze wurde, was sie viel früher schon war: Ein sauberer Bach. Natürlich: Es braucht auch weiterhin grosse Anstrengungen, um die Wasserqualität zu verbessern.
Wasserkraft positiv
Schon viel länger beschäftigte unsere Vorfahren die Kraft der Uze. Sie war wichtiger Standortvorteil, um gewerbliche und industrielle Nutzungen anzusiedeln. Von etwa 1850 bis zum zweiten Weltkrieg wurde die Wasserkraft des Baches stark genutzt. Aus einer Kette von Weihern, gefüllt mit Uzewasser, leiteten die Anlagen den ganzen Tag über Wasser auf die Turbinen. Bei niedrigem Wasserstand kam es vor, dass nach einem Arbeitstage alle Weiher leer waren. Sichtbar aus dieser Zeit ist noch der Heer-Weiher in Oberuzwil. Der Schiffliweiher, der Benningerweiher und einer der beiden Bühler-Weiher sind längst verschwunden, aus dem unteren Bühler-Weiher entstand die Uzwiler Badi.
Wasserkraft negativ
Die Uze zeigte in der Geschichte ihre Kraft immer wieder auf andere Art. Verheerende Überschwemmungen im Sommer 1778 forderten in Niederuzwil sieben Todesopfer und richteten enorme Schäden an. Im Juni 1876 riss die wild gewordene Uze erneut einen Menschen in den Tod, auch damals war der Sachschaden enorm. Und schliesslich trat die Uze am 27. Juni 1970 letztmals mit zerstörerischer Kraft über die Ufer. Wie frühere Hochwasser war auch dieses Auslöser, in die Hochwassersicherheit zu investieren. Ein generelles Projekt wies den Weg. In den 1980er und 1990er Jahren wurde der offene Bachlauf der Uze mit grossem Aufwand hochwassersicher ausgebaut. Das zwingende Kernstück – der Entlastungsstollen von der Uze in die Glatt – folgte anschliessend in Jahren 2006 bis 2008. Er war nötig, weil der eingedolte Bereich der Uze unter der Industrie und dem Areal Marienfried zu klein ist, um das Hochwasser aufzunehmen. Lediglich 20 der erwarteten 40 Kubikmeter Wasser in der Sekunde können dieses Nadelöhr passieren. Der Rest kann durch den 1,5 Kilometer langen Stollen in die Glatt abgeleitet werden. Das Einlaufbauwerk an der Fabrikstrasse sorgt im Hochwasserfall dafür, dass dieses Konzept dann auch funktioniert. Das eindrückliche Bauwerk basiert auf einem Modellversuch der ETH Zürich. 1985/86 wurde dort an einem sieben Meter langen Modell Wasserführung und Entlastung der Uze simuliert und daraus die gewässerbaulichen Folgerungen gezogen. Der Stollen entstand grösstenteils im klassischen Tunnelbau mit einer Tunnelbohrmaschine. Das Ausbruchmaterial wurde damals umweltschonend vom Portal an der Glatt mit einer Seilbahn transportiert und verwendet, um die Hügellandschaft des Naturschutzgebietes Augarten zu gestalten.
Uze erleben
Die Uze zieht sich heute als grünes Band durch die Uzwiler und Niederuzwiler Siedlungsgebiete und ist verbindendes Element verschiedener Quartiere. Wer von einer der vielen Brücken in den Bachlauf blickt, blickt in eine andere Welt. In dichte Natur mitten im Dorf. Mit etwas Glück sieht man Fische, Fischreiher und den Biber. Leider sieht man auch Neophyten. Insbesondere der Knöterich breitet sich immer wieder aus. Jahr für Jahr enorme Anstrengungen können ihn höchstens in Schranken halten. So ist er derzeit etwa beim Töbeli kaum anzutreffen, weil das Buecherwäldli dort diese invasive Pflanze auch dieses Jahr mit grossem Aufwand bekämpft hat. Andernorts, etwa im Unterlauf, folgt die Bekämpfung in nächsten Etappen. Was beschäftigt rund um die Uze sonst? Christoph Paly, Leiter Bau der Uzwiler Verwaltung: «Die Uze ist zwar mitten im Lebensraum, aber fast nur von Brücken aus überhaupt sichtbar. Wir versuchen in den nächsten Jahren, Teile des Bachlaufes mit Fusswegen begehbar zu machen, damit der Bach erlebt werden kann. Die Uze soll nebst den Lebensräumen der Natur auch den Lebensraum der Menschen noch mehr verbinden. Und wir arbeiten in verschiedenen Themen, um die Wasserqualität der Uze weiter zu verbessern.»